13.04.2024 - 14:30

Die Ernährung der Pfahlbaubewohner:innen am Keutschacher See

Holzspuren

27. Oktober 2015

Wolfgang Lobisser ist Experte für prähistorische Holzbauten in Österreich. Gestern hat er die Unterwasser-Ausgrabung in Seewalchen besucht und sich die Holzfunde angesehen, um uns eine erste Einschätzung zu den Bearbeitungsspuren zu geben.

CL: Wolfgang, wie lange beschäftigst du dich schon mit prähistorischem Hausbau? Und was war der Anlass dafür?
WL: Ich habe selbst ein Handwerk gelernt - ich bin gelernter Geigen- und Gitarrenbauer - und habe seit der Kindheit mit Holz zu tun gehabt. Ich komme aus Hallstatt, da hat eigentlich jeder mit Holz tun. Mein Vater war Lehrer an der dortigen Holzfachschule. Durch mein Studium der Ur- und Frühgeschichte bin ich dann zur Experimentellen Archäologie gekommen und habe begonnen, mit rekonstruierten Werkzeugen Häuser nachzubauen.

CL: Gibt es Epochen, die dir besonders am Herzen liegen?
WL: Die Eisenzeit mag ich besonders, weil meine Diplomarbeit die Aufarbeitung einer Feuchtbodensiedlung mit 9000 Holzresten war, aus dem Ramsautal bei Hallein. Diese Funde waren so geartet, dass dort von Baukonstruktionselementen, wie Pfosten, Schwellbalken oder Riegelbalken und flächig überarbeiteten Spaltbohlen bis hin zu allen dazugehörigen Werkabfällen, alles vorhanden war. Daneben gab es eine ganze Reihe von Kleinfunden, wie gedrechselten Holzgefäßen und anderen Geräten des täglichen Gebrauchs. Auf der Basis dieser Holzfunde  konnten viele Produktionstechnologien des keltischen Holzbaus rekonstruiert und nachvollzogen werden.

CL: Worauf achtest du beim Anschauen der Hölzer genau?
WL: Auf alles! Grundsätzlich suche ich Spuren, die auf anthropogene Einwirkung hinweisen, wie zum Beispiel intentionelle Spaltflächen oder Schlagfacetten von Werkzeugen. Diese Spuren geben erste Hinweise auf mögliche Herstellungstechnologien und auf die ehemalige Verwendung der Holzfunde. Außerdem liefern sie erste Datierungshinweise.

CL: Welche Unterschiede in den Werkzeugen kannst du an den Hölzern erkennen?
WL: Die Gestaltung der Oberflächen der Schlagfacetten kann uns Hinweise geben, mit welchen Werkzeugtypen sie erzeugt wurden und ob diese Werkzeuge aus Stein, Bronze oder Eisen gewesen sind.

CL: Was waren das jetzt genau für Hölzer, die du dir aus der aktuellen Grabung angesehen hast?
WL: In erster Linie waren es Reste von Pilotenhölzern, das sind senkrechte Rundhölzer, die in den feuchten Boden gerammt wurden, um oberirdische Holzkonstruktionen zu fundamentieren. An manchen dieser Hölzer konnte man eindeutige Bearbeitungsspuren beobachten, die zeigen, dass diese Hölzer ursprünglich an ihren unteren Enden mit Spitzen versehen waren. Manche der Hölzer sind auch aus Halbstämmen angefertigt worden. Die Bearbeitungsspuren selbst weisen darauf hin, dass diese entweder mit einer sehr scharfen Steinklinge oder mit einer frühen Metallklinge angebracht wurden.

CL: Hast du bei der ersten Durchsicht der Hölzer aus Seewalchen schon etwas Spannendes entdeckt?
WL: Grundsätzlich sind alle Hölzer aus dem Endneolithikum, die Bearbeitungsspuren zeigen, äußerst interessant. Sie können als Nachweis dafür gelten, dass die Menschen in dieser Zeit bereits bauliche Aktivitäten in dieser Bucht durchgeführt haben.

Zugehöriges Projekt


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Carmen Löw ist Archäologin und Kommunikationsexpertin. Im Kuratorium Pfahlbauten kümmert sie sich unter anderem um die Redaktion des Pfahlbauten-Weblogs.

Über dieses Fundstück haben Henrik Pohl und Wolfgang Lobisser länger diskutiert. (Bild: C. Löw - Kuratorium Pfahlbauten).
Über dieses Fundstück haben Henrik Pohl und Wolfgang Lobisser länger diskutiert. (Bild: C. Löw - Kuratorium Pfahlbauten).
Wolfgang Lobisser und Susanne Heimel beim Fachsimpeln. (Bild: C. Löw - Kuratorium Pfahlbauten)
Wolfgang Lobisser und Susanne Heimel beim Fachsimpeln. (Bild: C. Löw - Kuratorium Pfahlbauten)
Wolfgang Lobisser in Seewalchen mit einem Fundstück, dessen Funktion sich noch nicht eindeutig erschließen lässt. [Bild: C. Löw - Kuratorium Pfahlbauten)
Wolfgang Lobisser in Seewalchen mit einem Fundstück, dessen Funktion sich noch nicht eindeutig erschließen lässt. [Bild: C. Löw - Kuratorium Pfahlbauten)
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Das Kuratorium Pfahlbauten wurde im Jahr 2012 von Bund und Ländern ins Leben gerufen, um den österreichischen Teil des internationalen UNESCO-Welterbes „Prehistoric Pile Dwellings around the Alps“ stellvertretend für die Republik Österreich zu betreuen.

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