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Auf der Suche nach dem Holz - Zeitensprung 2023

10. November 2023

Im letzten Beitrag berichteten wir über auffällige, rechteckige Strukturen in Luftbildern aus der UNESCO-Welterbestätte Abtsdorf I, welche in Zusammenhang mit liegenden Hölzern aus verschiedenen Zeitepochen stehen. Sie waren der Grund, weshalb wir vom 23. Oktober bis 10. November unsere Ausgrabung unter Wasser im Forschungsprojekt Zeitensprung nach Abtsdorf an den Attersee verlegten.

In Abtsdorf zieht eine Landzunge in den See hinein, die eine kleine Bucht bildet. In der Vergangenheit schaute die heutige Untiefe bei Niedrigwasserständen immer wieder aus dem See heraus. Vor 3.600 Jahren, in der Bronzezeit, ragte dieser Bereich als Halbinsel aus dem Wasser und war mit Pfahlbauten besiedelt. Das belegen Kulturschichtreste aus Bohrungen und Funde aus den Bojenkratern. Nördlich und südlich der Landzunge befinden sich im Flachwasserbereich am Seeufer noch zwei weitere Fundstellen aus der Jungsteinzeit. 1977 und 1979 wurden diese Fundstellen vom Sporttauchverein UTC-Wels entdeckt und ihre vermeintliche Ausdehnung 1981 vollständig vermessen.

Die 2015 im Luftbild erstmals entdeckten Strukturen deuten auf größere, liegende Hölzer hin. Aus Berichten Ortsansässiger wissen wir, dass die Halbinsel zeitweise auch von Bäumen bewachsen war, welche bei Sturmereignissen in den See fielen. In der geschützten Bucht können sich demnach also einige Hölzer befinden, welche auf keine menschliche Aktivität zurückzuführen sind. Doch die rechtwinkeligen Strukturen, die im Luftbild sichtbar sind und die parallele Anordnung eines langen, massiven Holzes entlang der westlichen Seite der ehemaligen Halbinsel ließen uns Archäolog:innen stutzig werden.

Da sich die für uns interessanten Strukturen über eine Fläche von ca. 680 m² mitten in der UNESCO-Kernschutzzone erstreckten war bereits zu Beginn der geplanten Ausgrabung klar, dass wir nur einen kleinen Ausschnitt der Hölzer freilegen können. Eine Ausgrabung bedeutet immer auch Zerstörung und das UNESCO-Welterbe soll in seiner Gesamtheit für die Nachwelt erhalten bleiben. Doch wie Voruntersuchungen zeigten liegen die Hölzer direkt an der Oberfläche, die teilweise durch Erosion gefährdet sind. Nicht nur aus Forschungsinteresse, sondern auch aus denkmalpflegerischer Sicht war es uns ein Anliegen diese Strukturen genauer unter die Lupe zu nehmen.

So wurde in der ersten Grabungswoche ein Grabungsschnitt entlang eines massiven Holzbalkens aus der späten Bronzezeit und dem Beginn der Eisenzeit (900-800 v.Chr.) ausgesteckt und fünf Bohrfluchten ausgelegt, um Kulturschichten zu erfassen und datierbares Material aus den Sedimenten zu gewinnen. Ziel der Grabung entlang des Holzbalkens war es eine der im Luftbild sichtbaren Querverbindungen zu erfassen und zu dokumentieren, um darüber Informationen zur Funktion der Konstruktion zu erlangen. Der Balken zieht sich in einem Stück in einer Länge von vierzehn Meter entlang und setzt sich im Süden sogar noch weiter fort. Er befindet sich in Wassertiefen von unter zwei Meter (1,5-1,8 m) und wurde bei den Grabungsarbeiten oberflächlich freigelegt. Das Sediment wurde unter Wasser abgesaugt und in Säcken aufgefangen. Diese Säcke brachten die Taucher:innen mit auf das Forschungsboot und landen in der Schlämmstation im Union-Yacht-Club Attersee, wo Lisa Holler und Bianca Gamsjäger sie nach Funden durchsuchen. Erste Funde aus diesen Schlämmarbeiten stellen die beiden in ihren Beiträgen in den kommenden Tagen vor.

Die Bohrungen zeigten keine Kulturschichterhaltung im Bereich der Hölzer, doch es konnten weitere Holzfunde gemacht werden. Bei jedem größeren Holzfund wurde die Stelle eingemessen und eine Probe zur Datierung genommen. Dabei ergaben sich interessante Übereinstimmungen zwischen den Lageumzeichnungen aus den Luftbildern und der Geophysik aus den Vorprospektionen. Die Methode funktioniert also! Wie zu vermuten war, zeigen nicht alle Hölzer Spuren menschlicher Bearbeitung auf. Doch unser massiver Holzbalken enttäuschte uns nicht.

Über die Besonderheiten dieser Holzkonstruktion und einer möglichen Interpretation möchten wir gerne einen eigenen Blogbeitrag veröffentlichen. Wer uns beim Tag der offenen Grabung besucht hat und unseren Abendvortrag hörte, weiß bereits über einiges Bescheid, doch es haben sich in der letzten Grabungswoche noch interessante Details ergeben. Wer also mehr wissen will schaut am besten bald wieder auf unseren Pfahlbauten-Blog.

Projektinfo:

Das Projekt „Zeitensprung“ ist Teil einer groß angelegten Forschungsinitiative, die infolge der Aufnahme von 111 internationalen Fundstellen in die Welterbeliste (UNESCO World Heritage Prehistoric Pile Dwellings around the Alps) initiiert wurde. Die Pfahlbauforschung war in Österreich zuvor lange vernachlässigt worden und steht nun hinter der internationalen Forschung deutlich zurück. Mit neuen und innovativen Methoden sollen die Kenntnisse zu den österreichischen urgeschichtlichen Siedlungen in Seeuferbereichen am Attersee und Mondsee rasch erweitert werden. Die Forschungsergebnisse werden in eine oberösterreichische Ausstellung zum Thema „Pfahlbauten“ einfließen.

Die Projektleitung liegt bei Dr. Jutta Leskovar – Oberösterreichischen Landes Kultur GmbH (jutta.leskovar@ooelkg.at) und Mag. Cyril Dworksy (dworsky@pfahlbauten.at) – Kuratorium Pfahlbauten.

Zugehöriges Projekt


Forschungen in den Seeufersiedlungen in Attersee und...

Helena Seidl da Fonseca arbeitet seit 2012 beim Kuratorium Pfahlbauten. Sie ist ausgebildete Forschungstaucherin und Grabungsleiterin im Forschungsprojekt Zeitensprung.

Befunde und Tätigkeiten an der Fundstelle Abtsdorf I ©Kuratorium Pfahlbauten
Auslegen der Bohrfluchten ©Kuratorium Pfahlbauten und OÖ Landes-Kultur GmbH
Bohrungen unter Wasser ©Kuratorium Pfahlbauten und OÖ Landes-Kultur GmbH
Dokumentation der Schichtverläufe unter Wasser ©Kuratorium Pfahlbauten und OÖ Landes-Kultur GmbH
Dokumentation der Schichtverläufe unter Wasser ©Kuratorium Pfahlbauten und OÖ Landes-Kultur GmbH
Das Grabungsteam bereit für seinen Tauchgang ©Kuratorium Pfahlbauten und OÖ Landes-Kultur GmbH
Das Grabungsteam bereit für seinen Tauchgang ©Kuratorium Pfahlbauten und OÖ Landes-Kultur GmbH
Die Teufelsbrücke - eine Landzunge vor Abtsdorf ©7reasons
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Fördergeber

 
Das Kuratorium Pfahlbauten wurde im Jahr 2012 von Bund und Ländern ins Leben gerufen, um den österreichischen Teil des internationalen UNESCO-Welterbes „Prehistoric Pile Dwellings around the Alps“ stellvertretend für die Republik Österreich zu betreuen.

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Das UNESCO-Welterbe „Prähistorische Pfahlbauten um die Alpen“ wird unterstützt durch: