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Die Bohrungen an der Halbinsel Traunkirchen im Traunsee

27. Oktober 2020

Seit 1981 sind prähistorische Siedlungsreste vor dem Klostergebäude in Traunkirchen nachgewiesen. Damals untersuchten Taucher einen Graben der von einem auf Grund gelaufenen Schiff in die Untiefe gezogen wurde. Es existieren ausführliche Beschreibungen des Seebodens und der Grabenwände. Demnach soll sich direkt im Uferbereich bei nicht ganz einem Meter Wassertiefe unter 30 Zentimetern Steine und Geröll eine Kulturschicht befunden haben, in der prähistorische Pfähle und liegende Hölzer aufgefunden wurden. Eine Probe aus den Hölzern datiert in die Eisenzeit (800-500 v.Chr.). Aus dieser Epoche stammen auch Gräber aus dem Kreuzgang des Klosters, welche 1997 bei archäologischen Ausgrabungen dokumentiert wurden.

In einer einwöchigen Tauchkampagne haben wir in einem kleinen Team von Forschungstaucher*innen versucht mehr über diesen Siedlungsplatz, der sich vom Gelände des Klosters bis in die Flachwasserzone erstreckt herauszufinden. Wir, vom Kuratorium Pfahlbauten, waren für die Untersuchungen unter Wasser zuständig. Die Kolleg*innen der Universität Innsbruck untersuchten währenddessen mittels Geomagnetik freie Flächen an Land im Bereich des Klosters und des öffentlichen Geländes.

Für unser Team war es der erste Tauchgang im Traunsee und alle waren von Beginn an hingerissen von der malerischen Kulisse, die der gegenüberliegende Traunstein bietet und von den hervorragenden Sichtweiten unter Wasser vor Traunkirchen. Von der Ufermauer am Spitz von Traunkirchen ragt eine Untiefe 60-80 Meter in den See hinein, bevor sie an den Seiten steil in die Tiefe abfällt. Der Seegrund ist im Uferbereich von Steinen und Felsbrocken bedeckt, doch ungefähr 25-30 Metern seewärts kommt lockeres Sediment zum Vorschein. Der Untergrund ist mit Algen und Seegras bedeckt und die Dreikantmuschel scheint neuerdings den Seegrund zu erobern. Ein regelrechter Muschelteppich bedeckt Steine, Holz, Müll und alles was den Tieren Halt gibt. Vor 40 Jahren wurden keine derartigen Muschelvorkommen beschrieben. Wir kennen eine ähnliche Situation vom Bodensee, wo die Quaggamuschel durch Sportboote in den See eingeschleppt wurde und sich auch hier rasend verbreitet. Der Pflanzenbewuchs und das starke Muschelvorkommen erschwerte die Oberflächensuche nach urgeschichtlichen Resten.

Aus diesem Grund legten wir Bohrfluchten zwischen 50 und 100 Metern Länge aus und stachen mit einem Erdbohrer entlang der Fluchten in den Seegrund. Das funktioniert ähnlich wie auch bei Erdbohrungen an Land, nur etwas mühsamer. Die Bohrungen werden gleich unter Wasser fotografiert und beschrieben, die Bohrung selbst wird im Anschluss verworfen. Es sind nur minimale Eingriffe in den Seeboden, denn der Bohrer hat lediglich einen Durchmesser von zwei Zentimetern. Dennoch bietet diese Methode uns eine Möglichkeit zu sehen, was unter dem Schlamm verborgen liegt.

Im Uferbereich war durch die Steine kein Vordringen möglich, doch im lockeren Seesediment weiter draußen auf der Halbinsel bei 1,50 bis 2 Metern Wassertiefe ließ sich gut in den Boden vordringen. Bei einer Bohrtiefe von 1,20 Meter kamen auch die ersten Kulturschichtreste zum Vorschein. Doch nicht nur das. Weitere prähistorische Reste fanden sich bei durchschnittlich 1,70-1,80 Metern Tiefe kurz bevor wir mit dem Bohrgerät auf Stein oder den gewachsenen Felsen stießen. In den Bereichen, in denen sich die beste Kulturschichterhaltung befindet, wurden am Ende der Woche drei Kernbohrungen vom Boot aus gezogen. Diese Röhren haben einen Durchmesser von neun Zentimetern und werden mittels eines Bohrkopfs in den Boden gehämmert. Durch Unterdruck wird das Sediment aus dem Seeboden gezogen und in der Plastikröhre luftdicht verschlossen. Die Bohrungen wurden durch die Gemeinde Traunkirchen ermöglicht, welche uns ein Boot der Freiwilligen Feuerwehr und einen Bootsführer zur Verfügung stellte.

Die Kernbohrungen kommen zur weiteren Untersuchung ins Labor an die Universität Innsbruck. Hier werden die Röhren erst geöffnet und untersucht. Wissenschaftler*innen können unter dem Mikroskop mehr über die Erhaltungsbedingungen und das zu erwartende Fundspektrum der Kulturschichten herauszufinden. Erste Proben aus den kleinen Bohrungen werden für 14C-Analysen eingeschickt, um diese zwei prähistorischen Schichten genauer datieren zu können. Vielleicht überraschen uns die Ergebnisse und wir haben eine noch ältere Siedlungsphase in Traunkirchen gefunden.

Wir blicken also mit Spannung in die Zukunft und freuen uns auf die weitere Auswertung der Bohrkerne. Die archäologischen Prospektionsarbeiten werden vom Traunkirchner Museumsverein ArcheKult, der Gemeinde Traunkirchen und dem Bundesdenkmalamt gefördert. Die Unterstützung vor Ort ermöglichte eine gelungene Prospektionskampagne und die herzliche Betreuung durch den Verein und die Gemeinde brachte unseren Arbeiten einen besonderen Komfort. Wir bedanken uns herzlich bei allen Beteiligten für ihre Hilfe und kommen gerne wieder.

Helena Seidl da Fonseca arbeitet seit 2012 beim Kuratorium Pfahlbauten. Sie ist ausgebildete Forschungstaucherin und Grabungsleiterin im Forschungsprojekt Zeitensprung.

Erste Prospektionstauchgänge in der pittoresken Landschaft von Traunkirchen.
Die Sicht unter Wasser war überraschend gut, auch wenn der Boden mit Dreikantmuscheln übersät ist.
Mit einem Handbohrer werden entlang einer eingemessenen Flucht Bohrkerne entnommen.
Diese Bohrkerne werden direkt unter Wasser ausgewertet.
Das Kloster bietet nicht nur eine wunderschöne Kulisse für die Tauchgänge...
... sondern auch eine spannende Ausstellung der Geschichte Traunkirchens.
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