Houston, wir haben ein Problem!
Heute ist der letzte Tag unserer Tauchkampagne am Traunsee und wir konnten eine Neuentdeckung für die Pfahlbauforschung in Österreich melden. Gleichzeitig müssen wir aber auch über Gefährdungen und Schäden an der Fundstelle sprechen.
Vor dem Naturschutzgebiet Hollereck befindet sich eine Flachwasserzone, die vor einigen Jahrtausenden aus dem Wasser ragte. Hier errichteten vor ungefähr 4000 Jahren Menschen Holzbauten. Heute ist diese ehemalige Halbinsel untergegangen und dient als beliebter Badeplatz. Doch die Fundstelle aus der Urgeschichte ist bedroht.
Die Untersuchungen der letzten Tage ergaben, dass sich die archäologisch relevanten Strukturen direkt an der Oberfläche des Seegrunds befinden. Ankerschleifspuren am Seeboden zerpflügen jede Sommersaison den Untergrund und reißen die jahrtausendealten, nur noch sehr spärlich erhaltenen, prähistorischen Hinterlassenschaften auf. Bei den Untersuchungen konnten lediglich stark zerbrochene Keramikfragmente und die letzten Reste von Pfosten einer oder mehrerer Baustrukturen dokumentiert werden.
Diese urgeschichtlichen Reste haben sich um einen neuzeitlichen Steinhaufen herum erhalten. Der für die Fischerei genutzte Steinhügel schützte die Funde und Befunde vor Zerstörungen durch Anker und Erosion. Einige der gefundenen urgeschichtlichen Pfähle steckten gerade einmal 10-20 Zentimeter im Seeboden. Es ist somit leicht, diese Baustrukturen aus dem Untergrund durch schleifende Anker heraus zu ziehen.
Bei der zweiwöchigen Prospektion konnten keine flächig zusammenhängenden Ablagerungen aus der Urgeschichte und nur mehr vereinzelt weitere Pfähle abseits der Steinstruktur aufgefunden werden. Bei aller Freude über diese neue Quelle zu den Pfahlbauten aus der Bronzezeit zeigt sich also ein bedauerlicher Erhaltungszustand der Fundstelle.
Doch es ist bei weitem nicht alles verloren. Die Untiefe zieht sich über eine bis zu neun Hektar große Fläche. Es könnten sich noch weitere urgeschichtliche Reste erhalten haben, die uns Informationen zur Fundstellenausdehnung und der Belegungsdauer geben. Um die gesamte Flachwasserzone archäologisch aufzunehmen, bräuchte es jedoch noch mehr Zeit. Die gefundenen Pfähle sind für uns bereits ein richtiger Erfolg, denn sie können weiter untersucht werden. Das Besondere an den prähistorischen Seeufersiedlungen ist nämlich die Konservierung des organischen Materials durch den Luftabschluss unter Wasser. Diese organischen Reste beinhalten viel Potenzial für weitere naturwissenschaftliche Untersuchungen im Labor, benötigen aber auch einiges an konservatorischer Betreuung, sobald sie aus dem Wasser entfern werden. Darum wird dieses Material von uns lediglich beprobt und der Rest im Seeboden belassen und bleibt an der Fundstelle erhalten. Zukünftige Forscher:innen haben damit die Möglichkeit mit besseren Methoden, neue Informationen heraus zu lesen. Ein Schutz der letzten Reste durch ein Ankerverbot ist also auch für die nächsten Generationen lohnenswert.
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