Kuratorium Pfahlbauten - Burgring 7, 1010 Wien
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Das NHM von unten und oben

18. August 2020

Verwinkelte Schächte, schwindelerregende Höhen, bunte Bienenstöcke und vergessene Ausstellungsstücke – die öffentlich unzugänglichen Teile des Naturhistorischen Museums haben viel mehr zu bieten als man denkt.

Am Dienstagnachmittag wurden sämtliche Praktikant*innen der Prähistorischen Abteilung des Naturhistorischen Museums zusammengetrommelt, um an einem Rundgang durchs Museum teilzunehmen. Doch bei dieser handelte es sich nicht um eine gewöhnliche Führung durch die Schausäle des Museums oder durch die Arbeits- und Lagerräume daneben (wie wir sie an unserem allerersten Arbeitstag gemacht hatten), sondern um eine exklusive Erkundungstour darunter und darüber.

Zuerst wurden wir in den dunklen Keller geführt, sofort kam uns das Gefühl auf, dass wir uns in einem idealen Schauplatz für einen Horrorfilm befanden: schummrige Beleuchtung, verwinkelte Gänge, Spinnen und Weberknechte und viele verschlossene Türen. Glücklicherweise wurden wir von Karina Grömer von der Prähistorischen Abteilung und den Haustechnikern begleitet, die uns als Tourguide, Navi und Schlüsseldienst zur Seite standen und uns mit Taschenlampen ausstatteten. Eins war sicher: ohne sie wären wir hoffnungslos verloren gewesen.
Nach einigen Minuten fanden wir etwas mit dem wir alle hier unten nicht gerechnet hatten: ein lebensgroßes Haimodell (liebevoll von der Haustechnick Joseph genannt) und drei Delfine aus Plastik. Zwischen den Figuren befand sich eine Bodenklappe, die in einen kleinen, verstaubten Raum führte. Dort entdeckten wir eine Cola Flasche, die bereits vor 25 Jahren abgelaufen war. Also besser nicht trinken.
Unser Weg führte uns weiter zum Präparations-Vorbereitungsraum des Museums. Dort stießen wir auf allerlei skurriles und grusliges Zeug: eine schick angezogene Schaufensterpuppe mit Schweinekopf (zum Glück kein echter!), fleischfressende afrikanische Speckkäfer (echte!) und eine Stickstoffkammer. Mit einem mulmigen Gefühl verließen wir den Raum.
Schlussendlich kamen wir zu einem Lagerraum, wo wir Objekte aus der gleichen Zeit und Ausgrabung wie die Venus von Willendorf bewundern konnten. Wir sahen auch Zeitungen aus 1907, die über diesen Fund berichteten.

Als wir uns an den Kellerwänden vorerst satt gesehen hatten gingen wir in die imposante Eintrittshalle des Gebäudes. Dort erhielten wir von Karina Grömer einen Überblick über die Entstehung und die Architektur des Museums. Das klingt vielleicht langweilig war aber sehr interessant! So lernten wir zum Beispiel den Unterschied zwischen echtem und künstlichem Marmor zu erkennen und erfuhren über den Streit der beiden Architekten Carl von Hasenauer und Gottfried Semper über die Platzierung der Hauptkuppel. Nach der kurzen Theorieeinheit ging es weiter mit der abenteuerlichen Entdeckungstour. Im ersten Stock versammelten wir uns zum zweiten Mal vor einem unauffälligen Bodendeckel. Und natürlich kletterten wir hinein. Die Decke war so niedrig, dass nur die kleinsten unter uns (mich eingeschlossen) aufrecht stehen konnten. Doch als wir weiter durch einen 1,30 m hohen Gang gehen wollten, musste selbst ich mich bücken. Die Kriecherei zahlte sich aber aus, wir fanden einen Knochen (woher der kommt, möchte ich gar nicht wissen) und eine zweite Getränkeflasche aus den 90er Jahren. Am Ende des Ganges befand sich eine Tür, die in einen weiteren Keller führte. Auch wenn unser Interesse geweckt war, wurde uns nicht erlaubt diesen Keller zu erkunden.

Als alle aus dem unterirdischen Gang wieder herausgefunden hatten, begannen wir den Anstieg zum Dach. Auf dem Weg nach oben kamen wir an einem Raum vorbei, in dem Regale voller Menschenschädel standen. Wieso das Naturhistorische Museum einen so großen Bedarf an menschlichen Schädeln hat, ist mir immer noch unklar. Doch bevor ich nachfragen konnte, hatten wir den Raum bereits verlassen und standen oben am Dach.

Von hier aus hatte man einen wunderschönen Ausblick über ganz Wien. Neben unzähligen Statuen von Gottheiten und Wissenschaftlern befanden sich auch (zu meiner Überraschung) das bunt angemalte Zuhause eines Bienenschwarms. Lange konnten wir nicht auf dem Dach verweilen, denn es ging schon wieder weiter. Innerhalb einer Kuppel befand sich eine zweite kleinere Kuppel und diese war von außen zugänglich. Von einem leicht wackligen Geländer konnte man in die schwindelerregende Tiefe des Museums schauen. Auch wenn ich keine Höhenangst habe war ich doch erleichtert als wir wieder auf dem sicheren Dach waren. 

Unsere exklusive Erkundungstour war beendet. Mir persönlich gefiel besonders die unterschiedlichen Seiten des NHM besser kennenzulernen. Neben den prunkvollen Sälen voller interessanter Ausstellungstücke, riesiger Depots und vielfältigen Forschungsabteilungen kannte ich jetzt auch die aufregenden Keller und die schwindelerregenden Höhen des Museums. Unsere Exkursion hatte sich (meines Erachtens nach) wahrlich ausgezahlt!

Lina Oyrer, 15, kommt im kommenden Schuljahr 2020/2021 in die sechste Klasse des Gymnasium und Realgymnasium Stubenba

Schaufensterpuppe mit Schweinekopf: „der Schweinemann“, ein Gruß der Präparator*innen.
Schaufensterpuppe mit Schweinekopf: „der Schweinemann“, ein Gruß der Präparator*innen.
Schaufensterpuppe mit Schweinekopf: „der Schweinemann“, ein Gruß der Präparator*innen.
Offener Bodendeckel - Eingang in den Untergrund.
Offener Bodendeckel - Eingang in den Untergrund.
Offener Bodendeckel - Eingang in den Untergrund.
Bienenstöcke am Dach des Naturhistorischen Museums.
Bienenstöcke am Dach des Naturhistorischen Museums.
Bienenstöcke am Dach des Naturhistorischen Museums.
Die Kuppel des Naturhistorischen Museums von außen...
Die Kuppel des Naturhistorischen Museums von außen...
Die Kuppel des Naturhistorischen Museums von außen...
... und von innen.
... und von innen.
... und von innen.
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