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Der Berg ruft! Eine Exkursion auf und in den Hallstätter Salzberg, Teil 1 - FFG Talentepraktikum 2022

4. August 2022

Da war es nur noch eine. Diesen Blog schreibe ich (Mia) allein, weil Zora leider in Wien bleiben und heimlich die Venus stehlen musste, während ich mit den anderen Praktikant:innen weggefahren bin ins schöne Salzkammergut. Uns erwartete nämlich ein ganz besonderer Programmpunkt zum Ende unseres FFG-Talentepraktikums: Eine zweitägige Exkursion nach Hallstatt zur Außenstelle der prähistorischen Abteilung des Nhm Wien. Dort durften wir das Team der obertägigen Ausgrabung im Bereich des Gräberfeldes besuchen und bekamen sogar eine Spezialführung in das Salzbergwerk zur ältesten Stiege Europas.  

Ich fühlte mich wie eine Reisereporterin, als ich mit Computer und Notizbüchern ausgestattet am Bahnhof auf die anderen wartete. Ich war mit Karina, Fiona, Helena (samt ihrem Baby, von dem wir leider keine Fotos zeigen können, weil die Kamera seine Niedlichkeit nicht erfassen kann), dem Animationsteam, Michael und seiner Schwester Debora unterwegs. Zur Zugfahrt lässt sich nicht viel sagen, außer, dass die Züge gar nicht so überbucht waren oder sich verspäteten wie befürchtet, alles lief bestens. Besonders schön war die Bootsüberfahrt von der Bahnhofshaltestelle nach Hallstatt über den See. Das war schon fast zu wunderschön, kitschig als wir im Ort angekommen in einem Gasthaus voller Touristen saßen, in dem man direkt am Wasser sitzend die Plastikbootschwäne beobachten konnte. Kurz muss ich anmerken, dass das Personal nicht allzu freundlich war, die Kellnerin beschwerte sich, weil wir einen Tisch verschieben wollten, aber wenn man Karina dabei hat, funktioniert alles, wie man es will und wir bekamen doch einen Extratisch. Auf der Anreise waren nämlich noch einige Leute dazugestoßen. Hans Rudorfer, der Ausgrabungsleiter der obertägigen Grabungen und einige Soroptimistinnen.  Was sind Soroptimistinnen fragt ihr euch vielleicht? „Soroptimist International Austria“ ist eine Organisation berufstätiger Frauen, die Mädchen und Frauen auf der ganzen Welt unterstützt und so freundlich war, unsere Reise zu finanzieren und uns sogar zu begleiten. Eliette Thurn, die Präsidentin der SI Österreich, unterhielt sich besonders viel mit uns. Wir einigten uns darauf, dass wir die echten Schwäne lieber mochten als das Plastikboot.

Man glaubt gar nicht, was es in Hallstatt alles zu sehen gibt. Weil es so winzig ist tendiert man dazu zu denken, dass das Interessanteste der Berg mit seinem Salzabbau ist, aber auch im Ort bekamen wir einiges zu sehen und zu hören. Es ranken sich nämlich eine ganze Fülle an Sagen und Geschichten um diesen Ort. Nach dem Essen gingen wir erst einmal zur katholischen Pfarrkirche rauf, wo wir von Karina einen kurzen Vortrag zum Beinhaus bekamen. Hier werden seit dem 12. Jahrhundert die Gebeine der verstorbenen Hallstätter:innen beigelegt und einige der Schädel sind kunstvoll bemalt. Nach vier Wochen im Naturhistorischen Museum erschreckte uns der Anblick von Skeletten nicht mehr. Hier bekamen wir auch die Legende vom Mann im Salz zu hören, einem prähistorischen Bergmann, der vor vielen Jahren (1734) nach einem „Himmelverbruch“ (quasi einem Deckeneinsturz) tot im Salzbergwerk gefunden worden war. Die Bergleute, die ihn gefunden hatten, erkannten, dass die Leiche sehr, sehr alt sein musste und begruben sie schließlich im Namen eines anderen (weil sie nicht wussten, wie sie einen ungetauften „Heiden“ sonst bestatten sollten). Deswegen weiß man bis heute nicht, wo sich die sterblichen Überreste jetzt befinden. Vielleicht ist einer der Totenköpfe im Beinhaus der Mann im Salz…

Auch zur Kirche gab es eine Legende. Eine Hochzeitsgesellschaft habe sich vor langer Zeit „gotteslästerlich“ verhalten und damit ein Unglück heraufbeschworen. Als die Braut verstarb musste sie in ihrem Sarg alle 50 Jahre zu dieser Kirche gebracht werden, sonst geschehe wieder ein Unglück. Als es einmal vergessen wurde ereignete sich auch schon kurz darauf eine Katastrophe. Man muss dazusagen, dass es in Hallstatt nicht wenige Katastrophen gab, aber wenn man jemandem die Schuld dafür geben kann, weil er sich geweigert hatte, den Sarg samt Leiche zu einer Kirche zu schleppen, ist das natürlich viel praktischer. Lustigerweise sahen wir genau am nächsten Tag tatsächlich eine Braut, die in Richtung Kirche ging, allerdings wirkte die ziemlich lebendig.

Als nächstes ging es ins Welterbemuseum Hallstatt, wo vor allem Johann Georg Ramsauer ein Begriff war. Als Bergmeister in Hallstatt entdeckte er ein Gräberfeld, das der Forschung zu neuen Erkenntnissen verhalf – der Fundort war immerhin aussagekräftig genug, einer ganzen prähistorischen Zeitepoche ihren Namen zu verleihen, bzw. einen eigenen Kulturbegriff zu prägen! In seinen Grabungen von 1846 – 1863 brauchten J. G. Ramsauer und seine MItarbeiter fast 1000 Gräber zutage. Dabei fand er unter anderem auch viele Kinderskelette, von denen er feststellen wollte, wie alt sie zum Todeszeitpunkt gewesen waren. Wie praktisch, dass er 22 Kinder hatte, an denen er die Schädelgrößen zum Vergleich abmessen konnte. Ramsauers Arbeit ist auch jetzt für Archäolog:innen so hilfreich, weil er einer der wenigen Forscher seiner Zeit war, die sehr genaue Beschriftungen und Aufzeichnungen gemacht haben. Er hat sogar Grabnummern erstellt, weswegen sein System ziemlich übersichtlich ist und ließ die zum Teil äußerst prunkvollen Grabbeigaben von seinem Mitarbeiter Isidor Engl in beeindruckend detaillierten Aquarellen verewigen. Schade, dass der Bergmeister nicht mehr lebt, er wäre bestimmt ein toller Mitarbeiter für die Venuskisten im Tiefspeicher gewesen.

Was so manche:n wunderte war, dass im Museum nicht nur alte Keramik und Werkzeuge ausgestellt waren, sondern auch ungewöhnlichere Dinge. Und damit meine ich nicht nur den riesigen Kunststofftotenkopf, der fast so groß war, wie ein 13-jähriges Kind und der auf einer Stange thronend einen ganzen Saal überwachte. In einer Auslage war doch tatsächlich der Kot der prähistorischen Bergleute ausgestellt. Karina erklärte uns, dass diese Art von Fund bei Archäolog:innen besonders beliebt ist, weil man durch chemische Analysen herausfinden kann, was die Menschen früher gegessen haben und welche Krankheiten oder Parasiten sie hatten. Außerdem erhalten sich solche Dinge nur unter sehr speziellen Bedingungen, wie hier dank des konservierenden Salzes aus dem Berg. „Wir lieben Bergmannsscheiße!“, hieß es.

Nach dem Museum fuhren wir mit einer Seilbahn den Berg hinauf. Unser Gepäck war freundlicherweise abgeholt worden, sodass wir es nicht selber schleppen mussten - anders als die Leute in den Salzbergwerken früher, aber dazu komme ich noch in meinem nächsten Blog. Wie eine Horde Tourist:innen machten wir noch ein Gruppenfoto auf einer Aussichtsplattform gleich bei der Seilbahn, bevor wir ein Stück weit gehen mussten. Wir haben von den Soroptimistinnen tolle Kappen und Sonnenbrillen bekommen, mit denen wir einheitlich dunkelblau wirklich wie eine Reisegruppe aussahen. Beim sogenannten „Schaugrab“, einem kleinen Ausstellungsraum auf dem Weg durch das Hochtal, legten wir einen Zwischenstopp ein.

Stellt euch einmal vor, ihr wärt ein Skelett und plötzlich würde euch jemand ausgraben. Genau in diese Situation versetzte einen die Ausstellung, indem sie die Nachbildungen zweier Grablegungen aus dem Hallstätter Gräberfeld auf Augenhöhe präsentiert und nachgestellte Videos der Ausgrabenden auf einem Bildschirm über den Köpfen der Besucher:innen zeigt. Wie Menschen zur Hallstattzeit begraben wurden, war unterschiedlich. Manchmal wurden sie verbrannt, was aber ein riesiger Aufwand war, weil man so viel Brennholz brauchte, um eine starke Hitze zu erzeugen. Die zweite Option war das einfache Eingraben der Leiche, die Körperbestattung. Diese Variante ist bei Archäolog:innen besonders erwünscht, weil sich anhand von Skeletten und den aufwändigen Grabbeigaben mehr feststellen lässt, als an verkohlten Knochenresten.

Leider merke ich gerade, wie mir hier schon der Platz ausgeht, deswegen muss ich mich vorerst mal verabschieden (keine Sorge, nicht so, dass ihr mich in ein paar tausend Jahren ausgraben müsst, damit ihr erfahrt, was noch passiert ist). Wenn ihr wissen wollt, was wir am (und im) Berg noch alles erlebt haben und keine Angst vor gruseligen Dachböden habt, lest meinen nächsten Blog ;)

Mia Schwarcz, 16, kommt im nächsten Schuljahr 2022/23 in die achte Klasse des Gymnasiums und Realgymnasiums Stubenbas

Endlich in Hallstatt angekommen nimmt uns Hans Rudorfer in Empfang.
Das Welterbemuseum Hallstatt ist auf jeden Fall einen Besuch wert.
Vor dem Museum steht auch die Rekonstruktion der urgeschichtlichen Bergwerksstiege (ca. 1100 v.Chr.).
Der erste Anblick beim Eintreten ins Welterbemuseum. An Selbstbewusstein mangelt es den Hallstätter:innen nicht.
Auf der Anreise sind einige Soroptimistinnen zu uns gestoßen.
Die Führung durch das Welterbemuseum Hallstatt birgt einige Überraschungen.
Mit der Seilbahn geht es hinauf zum Berg und unserem Quartier für die Nacht.
Hans Rudorfer erklärt uns die Ausgrabungsstellen auf und in dem Hallstätter Salzberg.
"Ahhh, jetzt 'ne Nase voll Perri-air!" - Hallstätter Luft in der Dose!
Der wunderschöne Hallstätter See und die Fähre mit der auch wir vom Bahnhof übergesetzt haben.
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Das Kuratorium Pfahlbauten wurde im Jahr 2012 von Bund und Ländern ins Leben gerufen, um den österreichischen Teil des internationalen UNESCO-Welterbes „Prehistoric Pile Dwellings around the Alps“ stellvertretend für die Republik Österreich zu betreuen.

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