Rot im Stein – Ein Pochstein aus Willendorf
Timo Kriener präsentiert in diesem Beitrag eines seiner Haushaltsgeräte aus der Altsteinzeit die er im Praktikum bearbeitet. Vor rund 30.500 Jahren lag dieser unscheinbare Stein in den Händen von Jägern und Sammlern in Willendorf. Mit ihm wurde geklopft, gemahlen – und offenbar auch Farbe hergestellt.
Rot im Stein – Ein Pochstein aus Willendorf
Im Praktikum befasste ich mich mit Objekten aus der Altsteinzeit – einem Spatel und einem Pochstein. In diesem Blogbeitrag stelle ich den Pochstein vor, ein Alltagsgegenstand und Teil vermutlich jeden „Haushalts“ in der Steinzeit.
Der Pochstein stammt aus Willendorf 2, Schicht 7, und ist circa 30.500 Jahre alt. Dabei handelt es sich um einen Stein aus Quarzit, der deutliche Nutzungsspuren aufweist. Besonders auffällig sind starke Verformungen und Einkerbungen, die darauf hindeuten, dass mit einem weiteren Stein – vermutlich einem Stößel oder Schlagstein – auf ihn eingewirkt wurde.
Die Nutzungsspuren sowie Größe und Form ließen mich auch erkennen, dass es sich um den unteren Teil, eine Art Klopfunterlage handelt. Der Stein ist zwar nicht sonderlich flach und groß, aber ich vermute, dass er ursprünglich größer war, da Bruchstellen sichtbar sind. Form und Material sprechen für eine vielseitige Nutzung. Für Pochsteine sind mehrere Verwendungszwecke denkbar, wie z. B. das Zerkleinern, Zerstampfen oder Zermahlen von Nahrung oder Farbstoffen.
Ich verglich außerdem die häufigsten Gesteinsarten, die für Pochsteine verwendet wurden, und stellte fest, dass der Stein aus Quarzit bestehen muss – denn Kalkstein ist weicher und brüchiger und würde sich bei häufiger Nutzung schneller abnutzen oder sogar zerbrechen.
Aber, es gibt noch etwas Besonderes an dem Stein zu erkennen, das mehr über seinen Verwendungszweck verrät. Auf der Oberfläche sind Farbspuren sichtbar, die sich als Rötel entpuppten. Das spricht dafür, dass dieser Pochstein zur Herstellung von Farbe verwendet wurde.


Rötel ist zudem ein besonderes Material, das in der Altsteinzeit vielfach eingesetzt wurde. Rötel wurde häufig an Grabstätten verstreut, für Körperbemalung verwendet, um Gerüche zu überdecken oder sich vor der Sonne zu schützen. Bei Bestattungen aus der Zeit findet man oft Rötel, mit dem die Toten scheinbar eingefärbt wurden, wie bei der jungpaläolithischen Doppelbestattung zweier Säuglinge aus Wachtberg in Krems. Auch die Venus von Willendorf war mit Rötel eingerieben, da sich Spuren von Rötel in den Unebenheiten der Figur nachweisen lassen. Die Farbe Rot musste also eine ganz besondere Bedeutung gehabt haben. Umso spannender, dass sich Spuren davon auf meinem Pochstein befinden.