Prestige in Stein und Zahn: Statussymbole der Jungsteinzeit aus Seewalchen
Simon Wissgott bearbeitet zwei neolithische Objekte die in der Bucht von Seewalchen am Attersee gefunden wurden und heute Teil der Sammlung des Naturhistorischen Museums in Wien sind. Warum Stein und Zahn Symbole für Status und Prestige sein können erklärt er uns in seinem Blogbeitrag.
Prestige in Stein und Zahn: Statussymbole der Jungsteinzeit aus Seewalchen
Mich beschäftigen im Rahmen meines Talentepraktiums zwei außergewöhnliche Funde aus der Jungsteinzeit, entdeckt in der Bucht von Seewalchen am Attersee in Oberösterreich. Sie geben mir einen faszinierenden Einblick in soziale Aspekte und die Welt früher bäuerlicher Gesellschaften Mitteleuropas.
Der erste Fund ist ein Knaufhammeraxt-Rohling aus Hornblende, der 1903 entdeckt und vom Naturhistorischen Museum Wien angekauft wurde. Der Rohling zeigt die charakteristische Form einer sogenannten Knaufhammeraxt. Daraus sollte einmal eine durchlochte Steinaxt mit knaufartigem Ende und Schneide entstehen.

Knaufhammeräxte wurden meist aus besonders hartem Gestein wie Hornblende gefertigt und waren häufig aufwendig geschliffen und poliert. Durch abschlagen und schleifen auf einer rauen Oberfläche. Das Schleifen auf einer rauen Oberfläche, z.T. mit Hilfe von Wasser und Sand als Schleifmitteln, machte den Arbeitsprozess sehr mühsam und langsam. Trotz der vergleichsweisen häufigen Verfügbarkeit von Hornblende in Mitteleuropa war deshalb der hohe Bearbeitungsaufwand ein entscheidender Faktor für den Wert dieser Äxte. Obwohl sie grundsätzlich als Werkzeuge dienen konnten, wurden viele dieser Äxte kaum im Alltag genutzt. Stattdessen galten sie als Prestigeobjekte, die den sozialen Status ihrer Besitzer widerspiegelten. Sie wurden möglicherweise bevorzugt von wohlhabenden Bauern, lokalen Eliten oder religiösen Funktionsträgern als Statussymbol genutzt und finden sich in deren Gräbern oder in rituellen Zusammenhängen. Im Verhältnis zur damaligen Lebensrealität entsprach ihr Wert meiner Meinung nach wahrscheinlich mehreren Rindern oder einer halben Jahresernte – vergleichbar mit einem heutigen Mittelklassewagen.
Der zweite Fund ist ein durchbohrter Zahn eines Braunbären, der bereits 1870 am Ufer des Attersees entdeckt wurde. Auch er stammt aus der Jungsteinzeit (ca. 4. Jahrtausend v. Chr.) und diente vermutlich als Anhänger oder Amulett.
Solche Funde sind selten und aus wissenschaftlicher Sicht besonders spannend, da sie vermuten lassen, dass die Menschen der Jungsteinzeit Gegenständen eine tiefere, möglicherweise oft spirituelle Bedeutung zuschrieben – etwa als Glücksbringer, Zeichen für Mut oder Stärke. Vielleicht waren sie auch Teil religiöser Rituale. Gerade die Jagd auf einen Bären war extrem gefährlich und setzte Mut, Geschick und Erfahrung voraus. Entsprechend hoch war vermutlich der persönliche Wert des Gegenstandes für den/die Träger: in. Manche Krieger:innen, Jäger:innen oder spirituelle Spezialist:innen könnten geglaubt haben, wenn sie den Zahn tragen, ginge die Kraft des Tieres auf sie über. Wie bei der Knaufhammeraxt lässt sich der damalige Wert mit einem heutigen Beispiel verdeutlichen: möglicherweise ist er mit dem eines seltenen, wertvollen (geerbten) modernen Schmuckstücks vergleichbar – nicht wegen des Materials, sondern wegen seiner Seltenheit und persönlichen Bedeutung.

Beide Objekte belegen für mich eindrucksvoll, wie sehr materielle Gegenstände bereits in der Jungsteinzeit mit Status, Identität und sozialer Stellung verknüpft waren. Ich finde es Interessant das es damals schon Statussymbole gegeben hat und das sich in 5.000 Jahren da bis heute nicht viel verändert hat.