Am Haken und im Netz – 6000 Jahre alte Fischfanggeräte
Tobias Wiedeck hat sich im FFG-Praktikum mit urgeschichtlichen Werkzeugen beschäftigt, die mit prähistorischem Fischfang in Verbindung stehen könnten. Beide Funde stammen aus Pfahlbausiedlungen in Österreich.
Am Haken und im Netz – 6000 Jahre alte Fischfanggeräte
Sofia und ich haben unsere Werkzeuge aus der Urgeschichte untereinander aufgeteilt. Ich beschäftige mich mit den neolithischen Funden zu dem UNESCO-Welterbe der "Prähistorischen Pfahlbauten um die Alpen", Sofia bearbeitet die altsteinzeitlichen Funde aus Willendorf die zu dem UNESCO-Welterbe "Wachau" gehören. Ich habe ein Keramikfragment und einen Angelhaken. Beide sind vermutlich ca. 6000 Jahre alt. Für diese Fundstücke habe ich mich entschieden, weil ich das Keramikbruchstück auf den ersten Blick sehr spannend fand und ich mehr zum Thema Fischerei in der Steinzeit herausfinden wollte.

Eines der Objekte ist ein Wandstück eines Tonbehälters. Das Bruchstück ist etwa 7 cm lang und 5 ½ cm breit. Ausgegraben wurde es in Weyregg I am Attersee von Graf Ladislaus Gundacker Wurmbrand-Stuppach im 19. Jahrhundert. Da das Bruchstück ein Loch hat, das nachdem die Keramik bereits gebrannt war nachträglich von außen durch gebohrt wurde, kann man von zwei Szenarien ausgehen:
In der Literatur liest sich, dass Gewichte aus Keramik oder Stein beim Fischen mit Netzen Verwendung fanden. Sie wurden als Netzsenker verwendet um das Netz am Grund festzuhalten. An der anderen Seite des Netzes wurden kleine Hölzer angebracht, wodurch es an der Oberfläche schwimmt und das Netz gespannt war. Allerdings ist diese Verwendung für dieses Fundstück eher unwahrscheinlich, weil es sich aufgrund seines geringen Gewichts nicht gut dafür eignet.
Video fileLeopold Maurer- Viel wahrscheinlicher ist es daher, dass mit der Bohrung versucht wurde das ursprüngliche Gefäß zu reparieren. Eine Möglichkeit ist es, an mehreren Stellen des kaputten Behälters Löcher zu bohren und diese mit Seilen zu verbinden. Das setzt voraus, dass der Behälter nicht zu stark beschädigt ist und die Stücke gut zusammengehalten werden können. Ist eine Keramik in kleine Stücke zersprungen kann diese Methode nicht angewandt werden. Klar ist auch, dass sich der Behälter danach nicht mehr zum Aufbewahren von Flüssigkeiten eignet.
Mein anderes Objekt ist ein Angelhaken aus Holz. Für mich faszinierend ist, dass der Angelhaken sehr gut erhalten ist. Das liegt daran, dass er unter Wasser lag, was über die Jahrtausende eine Art Schutz vor natürlichem Abbau geboten hat. Gefunden wurde der Angelhaken 2024 bei einem der regelmäßigen Kontrolltauchgängen des Kuratorium Pfahlbauten an der UNESCO-Welterbestätte im Keutschacher See. Bereits in den 1990er Jahren wurde ein ähnliches Objekt an dieser Fundstelle gefunden, allerdings von etwas kleineren Ausmaßen. Leider ist dieses Objekt heute verschollen, was den Fund eines neuen Angelhakens umso bedeutender macht.

Angelhaken aus Holz, Keutschacher See, links: gefunden 1990er, rechts: gefunden 2024.
Auch nach seiner Bergung muss der Angelhaken in Wasser und bei einer niedrigen Temperatur gelagert werden, da er sich sonst zersetzt. Besonders interessant ist die Wahl des Materials zur Herstellung eines Angelhakens. Moderne Angelhaken sind aus Metall und müssen einfach nur ausgeworfen werden. Hier musste eine völlig andere Angelmethode angewendet worden sein, da Holz an der Wasseroberfläche treibt. Der Haken musste mit einer Art Gewicht unter Wasser gehalten werden. In Büchern über die Fischerei Indigener Völker liest sich wie das funktioniert haben könnte. Hier steht sogar, dass die Methoden der Indigenen, denen der europäischen Seefahrer überlegen war. Der Fund 400.000 Jahre alter Muschelhaufen an der Küste Südfrankreichs deutet darauf hin, dass die Menschen schon vor langer Zeit angefangen haben Meerestiere zu fangen. Die ältesten Funde von Fischfanggeräten (Harpunen) stammen nach meiner Recherche aus Afrika und sind erst 90.000 Jahre alt. Damit sind sie deutlich jünger als die Muschelhaufen.