Balance halten zwischen Wissenschaft und Spektakel: Die Einbaumregatta 2025
Cyril Dworsky und ein Team des Kuratoriums Pfahlbauten waren bei der internationalen Einbaumregatte in der Schweiz.
Balance halten zwischen Wissenschaft und Spektakel: Die Einbaumregatta 2025
Wenn Archäolog:innen zu Paddeln greifen und um Sekunden kämpfen, dann ist es wieder so weit: Die Internationale Einbaumregatta steht bevor!
Mit den heißen Sommertagen in Österreich kommen auch die Erinnerungen an das spannende Wettrennen im Juni zurück. Auch in diesem Jahr nahm das Team des Kuratoriums Pfahlbauten wieder an der offiziellen Einbaumregatta des UNESCO-Welterbes „Prähistorische Pfahlbauten um die Alpen“ teil. In diesem Jahr hatten wir zudem die Aufgabe, die große Trophäe, den „Miran-Erič-Cup“, in die Schweiz zu bringen. Dieser Wanderpokal ist nach dem im Jahr 2023 verstorbenen Gründer des weltweiten Netzwerkes zur Erforschung von frühen Wasserfahrzeugen benannt und befand sich nach unserem Sieg im letzten Jahr mit französischer Beteiligung zum zweiten Mal in Wien, wo wir ihn stolz unseren Besucher:innen präsentieren konnten. Umso motivierter waren wir, auch dieses Jahr wieder eine vordere Platzierung zu erringen.
Vom 13. bis 15. Juni richtete das Centre Romand d’Études d’Archéologie Subaquatique et Sous-Marine (CREASSM) unter der Patronanz der Internationalen Koordinierungsgruppe (ICG) und des Laténiums die Einbaumregatta 2025 in Port de St. Blair am Neuenburger See aus. Nur wenige Kilometer entfernt, in Biel, hatten Cynthia Dunning von ArchaeoConcept und Ludivine Marquart vom Nouveau Musée de Bienne im Jahr 2015 die erste internationale Einbaumregatta organisiert. Der erste Event war so erfolgreich und stieß auf so viel positive Resonanz, dass seither – lediglich unterbrochen von einem Ausfall während der Pandemie im Jahr 2020 – jährlich eine Regatta in einem der sechs Länder des Pfahlbau-Welterbes stattfinden konnte.
Der Erfolg der Einbaumregatten als Vermittlungsformat liegt in der gelungenen Kombination aus dem bekannten Enthusiasmus der Archäolog:innen für ihr Fachgebiet und der guten Zusammenarbeit mit engagierten Akteur:innen von Vereinen und Museen vor Ort. Durch die sportlichen Wettkämpfe und das oft sehr umfangreiche kulturelle Begleitprogramm werden neue Gruppen von Interessierten angesprochen. Die Regatta hat den Charakter eines ausgelassenen Volksfestes, bei dem klassische Formate des Erlebens von Archäologie um Spaß und Spannung ergänzt werden. Oder umgekehrt. Jedenfalls steht zwar der Wettkampf mit den Booten im Vordergrund, aber wer mehr über die Erforschung der Urgeschichte, die prähistorischen Pfahlbauten und das UNESCO-Welterbe erfahren möchte, findet ebenfalls einen geeigneten Rahmen. In der Schweiz gab es dieses Jahr beispielsweise Vorführungen von Gruppen aus Freilichtmuseen, die das Leben der neolithischen Bevölkerung in den Pfahlbaudörfern erlebbar machten. Auch keltische Kultur wurde präsentiert, denn der Austragungsort der Regatta befand sich nur einen kurzen Fußweg entfernt von der namensgebenden Fundstelle La Tène. Oft werden auch Vorführungen aus dem Bereich der Archäotechnik gezeigt, beispielsweise zur Feuerstein- oder Metallverarbeitung. Für besonders interessierte Menschen werden auch populärwissenschaftliche Vorträge angeboten. In diesem Jahr konnte Beat Arnold, der „Großmeister“ der Einbaumforschung, gewonnen werden, der vor allem über seine ethno-archäologischen Projekte auf anderen Kontinenten berichtete.
Für uns aus der professionellen Archäologie und dem Welterbemanagement liegt ein zusätzlicher Nutzen in diesen Veranstaltungen, da sie den fachlichen und persönlichen Austausch unter den Kolleg:innen des 6-Länder-Welterbes „Prähistorische Pfahlbauten um die Alpen“ fördern. Die Regatta ist eine der wenigen regelmäßigen Veranstaltungen, die länderübergreifende Teilnahme hat und durch den Wechsel der Austragungsländer immer wieder neue Personen mit den prähistorischen Pfahlbauten in Kontakt bring und damit das Netzwerk rund um das Welterbe vergrößert.
Überhaupt ist die Verbindung von professioneller Archäologie und einem Amateurwettrennen jedes Mal ein Spektakel und macht allen Beteiligten und den Zuschauenden viel Spaß. Vielfach sitzen die Wettkämpfer:innen nur einmal im Jahr, oder überhaupt zum ersten Mal in einem Einbaum. Normalerweise würde man die Kolleg:innen bei Grabungen, im Labor, im Museumsdepot oder einfach am Schreibtisch finden. Aber hier wird das Badegewand ausgepackt und mit vollem Eifer nach der besten Zeit gepaddelt.
Heuer war diese Anstrengung besonders herausfordernd, denn die von den Veranstalter:innen bereitgestellten Boote waren sehr schwierig zu manövrieren. Vor allem eine gute Balance zu finden – im wahrsten Sinne des Wortes – war herausfordernd, um möglichst schnell zu sein, ohne dabei den Einbaum mit katastrophalen Folgen über die Maßen mit Wasser zu füllen. Unserem Team (Henrik Pohl als Steuermann, sowie Franziska Domen, Artur Papp, Marian und Cyril Dworsky) ist das heuer nur im Ansatz gelungen. Obwohl wir ein für die Zuschauer:innen durchaus immer sehr attraktives Kentern verhindern konnten, reichte es nur für den sechsten Platz (von 12 Teams) und damit nicht für den Einzug ins Finale. Verdientermaßen landeten in diesem Jahr zwei Schweizer Teams auf den ersten beiden Plätzen und die Bronzemedaille wurde von einem neuen Team aus Deutschland ergattert. Hier muss man auch erwähnen, dass das bisher erfolgreichste Team aus Slowenien aus terminlichen Gründen heuer nicht dabei sein konnte. Auch der fünfte Platz des internationalen Teams mit Vertreter:innen aus mehreren Ländern soll hier gratulierend genannt werden! Aber grundsätzlich werden die Teams nach zehn Jahren Erfahrung immer professioneller und das Feld der Teilnehmer:innen rückt näher zusammen. Das macht die Rennen auch für die Zukunft immer attraktiver.
Wir freuen uns jetzt schon auf die nächste Regatta, die hoffentlich 2026 in Italien stattfinden wird, und das erneute Zusammentreffen mit unseren Partnern aus der Schweiz, Frankreich, Italien, Slowenien und Deutschland.