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Das Pfahlbaubier® der Brauerei Kaltenböck – ein gelungenes Zusammenspiel von Archäologie und regionalem Unternehmertum

5. Juli 2022

In meiner Doktorarbeit geht es um die Beziehung zwischen archäologischer Forschung und Öffentlichkeit. Dabei stehen die Pfahlbauten im Mittelpunkt. Aus diesem Grund durfte ich vor einiger Zeit nach Palmsdorf beim Attersee fahren und dort mit den Brüdern Herwig und Volkher Kaltenböck über deren Brauerei und insbesondere das Pfahlbaubier® sprechen. Das Pfahlbaubier® der Brauerei Kaltenböck und der dazugehörige Krug von der Lebenshilfe Zell am See wurden bereits im Pfahlbautenblog und im PfahlbauTV vorgestellt.

An dieser Stelle möchte ich etwas anderes ergänzen. Und zwar, dass es zu einem beidseitigen Vorteil werden kann, wenn Archäolog:innen mit einer interessierten Lokalbevölkerung in offenen Dialog treten. Veranschaulichen möchte ich das anhand der Zusammenarbeit des Kuratorium Pfahlbauten und der Brauerei Kaltenböck. Mit den Leuten reden und sprechen ist nicht nur sinnvoll, am Ende kann, wie beim Pfahlbaubier®, sogar ein schmackhaftes, regionales Produkt entstehen.

Herwig und Volkher Kaltenböck haben bereits in Schulzeiten über die Pfahlbauten gehört, zudem haben beide eine getränketechnische Ausbildung gemacht. Beides waren gute Voraussetzungen für das Entstehen des Pfahlbaubieres®. Trotzdem war es auch ein wenig Glück, dass die Erneuerung ihres Sudhauses und die Aufnahme der Pfahlbauten als UNESCO-Weltkulturerbe 2010-11 zeitlich zusammenfielen. Neben dem Engagement von Site Manager Henrik Pohl, haben auch der Verein Freunde der Archäologie in Attersee am Attersee, sowie der Verein Pfahlbau am Attersee in Seewalchen am Attersee viel dazu beigetragen, dass das Thema Pfahlbauten in der Region stärker präsent wurde.

Auch die Brauerei Kaltenböck, welche von den Brüdern und ihren Familien nebenberuflich betrieben wird, ist in der Region über ihr Leitbild verwurzelt. Im Sortiment hat man zwar auch ein Indian Pale Ale, aber die meisten Biere haben einen regionalen Schwerpunkt und thematischen Bezug zur Region. Sowohl der Anbau und die Verarbeitung der Rohstoffe, das Abfüllen in Flaschen und Fässer, die Vermarktung, als auch der Vertrieb und Verkauf haben einen regionalen Mehrwert. Umso besser, dass das Kuratorium Pfahlbauten, Heimatforscher und regionale Unternehmen ins Gespräch kamen.

Dadurch war die archäologische Seite bei der Entstehung und Entwicklung des Pfahlbaubieres® der Brauerei Kaltenböck miteingebunden. Man stand beratend zur Seite, sowohl bei der Auswahl der Zutaten (Gerste und Einkorn und passender Kräuter wie Schafgabe, Quendel und Hagebutte), bei der Gestaltung des Etiketts als auch bei der Umsetzung eines passenden Trinkgefäßes. Ebenfalls versucht man die Gebrüder Kaltenböck bei der Vermarktung des Pfahlbaubieres® in Museumshops und bei Tourismusinformationen zu unterstützen.

Ursprünglich wurde das Pfahlbaubier® in Hinblick auf eine größere, regionale Ausstellung zu den Pfahlbauten gebraut. Für entsprechende Getränke wäre also bereits gesorgt. Das Bier schmeckt nämlich nicht nur Expert:innen und Fachleuten (es wurde mehrfach ausgezeichnet), sondern wird auch von den lokalen Bierfreunden gut angenommen. Die Nachfrage ist zur Freude aller so groß, dass man es nun mittlerweile ganzjährig erwerben kann. Ausgeschenkt und verkauft wird es unter anderem in der Mostschenke in Palmsdorf, bei den Schmankerlroas im Aichergut in Seewalchen oder bei ausgewählten Wirtshäusern in der Region (z.B. in Wildenhag).

Mit dem Pfahlbaubier® der Brauerei Kaltenböck liegt somit ein regionales, unfiltriertes, dunkles Kräuterbier vor. Aus diesem Grund wurde das Bier auch im Rahmen des International Gruit Day (ein Feiertag für die vernetzten Kräuterbier-Brauer) einem internationalen Publikum präsentiert. Dabei wurde sogar feierlich aus den eigens dafür hergestellten Pfahlbaukrügen der Lebenshilfe Zell am See getrunken. Dank dem gegenseitigen Zugehen und der Gesprächsbereitschaft von Forscher:innen, Ehrenamtlichen und regionalen Unternehmen, können so die Pfahlbauten auf verschiedenen Wegen eine Öffentlichkeit erreichen. Wie das Beispiel der Brauerei Kaltenböck zeigt, kann durch solch eine Zusammenarbeit, nicht nur die regionale Wertschöpfung gestärkt, sondern auch eine (über)regionale Auseinandersetzung mit den Pfahlbauten ermöglicht werden.

Dabei fungiert das Pfahlbaubier®, genau wie die leidenschaftlichen Brauer Herwig und Volkher Kaltenböck, als Medien (der Kommunikation). Sie helfen dabei, die prähistorischen Pfahlbauten überhaupt erst ins Gespräch kommen zu lassen und wecken ein Interesse für das UNESCO-Welterbe vor der eigenen Haustür.

Im Mai wurde das regelmäßige Monitoring des Kuratorium Pfahlbauten an den Welterbestätten im Attersee und Mondsee abgeschlossen. Im Herbst 2022 beginnen wieder Taucharbeiten in Zusammenarbeit mit der Oberösterreichischen Landeskultur GmbH im Zuge des Forschungsprojektes Zeitensprung. Ich bin mir sicher, dass beim Forschungsteam ein Interesse am Pfahlbaubier® bereits vorhanden ist und am Feierabend auch gut ankommt.

Kleiner Tipp: Wer skeptisch gegenüber einem Kräuterbier wie dem Pfahlbaubier® ist, kann bei der Brauerei Kaltenböck in Palmsdorf 17 auch das Hoangarten-Bier oder saisonale Biere probieren (jetzt gerade wird ein frisch gebrautes Citra-Weißbier angeboten).

Florian Ostrowski studierte Geschichte sowie Urgeschichte und Historische Archäologie an der Universität Wien.

Das Pfahlbaubier® der Brauerei Kaltenböck. Foto: F. Ostrowski
Der Autor mit den Brüdern Kaltenböck in den Räumlichlichkeiten der Brauerei. Foto: F. Ostrowski
Ansässig ist die Brauerei in Palmsdorf am Attersee. Foto: F. Ostrowski
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